Kognitive and Kulturelle Ökologie
Traditionelle Ansichten der darwinistischen Evolution konzentrieren sich auf Selektion, die auf genetisch erklärbare Variationen als Mittel zur Anpassung abzielt. Dies vernachlässigt jedoch den potenziellen Beitrag der generationsübergreifenden Weitergabe von Informationen (kulturelles Erbe) als Quelle für lokal anpassungsfähiges Verhalten - insbesondere bei langlebigen Arten und in Situationen mit neuen oder sich ändernden Umgebungen von Bedeutung. Zum Beispiel wird die Fähigkeit zu Innovation, sozialem Lernen und Kultur als entscheidend für den Erfolg des Menschen als Spezies angesehen, indem sie die Besiedlung nahezu aller terrestrischen Lebensräume auf der Erde erleichtert. Aber haben auch andere Tiere Kultur? Ist soziales Lernen und kulturelle Vererbung von Verhalten für die Ökologie anderer Arten wichtig? Wie werden Form und Muster von Traditionen durch Erkenntnis oder Intelligenz und durch soziale Systeme bestimmt?
Unsere Forschungsgruppe arbeitet an der Schnittstelle zwischen Verhaltensökologie und Tierkognition und bedient sich dabei der Methoden aus der Theorie sozialer Netzwerke und der vergleichenden Psychologie. Im Großen und Ganzen untersuchen wir die Nutzung sozialer Informationen mit besonderen Schwerpunkt auf der Interaktion zwischen individueller Kognition, sozialer Dynamik und sozialem Lernen. Wir stellen Fragen wie: Fördern oder schwächen Übertragungsverzerrungen die Informationsverbreitung auf der Populationsebene? Wie beeinflussen individuelles Verhalten und soziale Beziehungen Informationsübertragungswege? In welchem Verhältnis stehen Demografie, Sozialstruktur und kulturelle Entwicklung? Unsere empirische Arbeit umfasst sowohl Laborversuche als auch Feldstudien an wilden Vögeln, wir arbeiten vor Ort in Deutschland als auch in Australien und setzen modernste automatisierte Tracking-Technologien und Analysetechniken ein.